Von Kolossen, die Feingefühl brauchen

Giampaolo De Lorenzis schaut nach oben, sein Kopf liegt tief im Nacken. Heute steuert der Kranführer von Landolt + Co. AG seinen 20 Meter hohen «Kran 2» mit einem Ausleger von 40 Metern vom Boden aus, die Steuerung ist um die Hüfte geschnallt. Er kneift die Augen angestrengt zusammen – die Mittagssonne blendet.

Der Kran 2 von Giampaolo De Lorenzis ist einer von sechs Kränen, die im Vogelsang bis zum Bauabschluss im Einsatz sind. Es braucht jeden dieser Kräne, damit selbst abgelegene Winkel und Ecken erreicht werden. Andrea Schären, Bauführerin der Landolt + Co. AG, entscheidet in Absprache mit dem Baumanagement GMS Partner AG, wo genau die Kräne auf der Vogel- sang-Baustelle platziert werden. Sie erklärt: «Der Boden muss stabil genug sein, und die Kräne dürfen den restlichen Bauarbeiten nicht im Wege stehen».

AM MORGEN WIRD GEPLANT

Jeder Arbeitstag beginnt für die Kranführer auf der Vogelsang-Baustelle mit der Einsatzplanung. «Wenn viele Bauleute Material an einem anderen Ort benötigen, dann sitze ich oben», erzählt Giampaolo De Lorenzis. Oben heisst im Kranhäuschen, das im Vogelsang zwischen 20 und 45 Meter über dem Boden ist, und über mehrere Leitern erreichbar ist. Der Aufstieg erfordert körperliche Fitness und braucht seine Zeit. Wer einmal oben ist, verlässt die Kabine daher oft nur abends. Gesteuert werden die Lasten per Steuerknüppel von einem gepolsterten Stuhl aus. Über Funk teilen die Kollegen und Kolleginnen mit, wo sie welches Material benötigen. Arbeitet Giampaolo De Lorenzis vom Boden aus, bringt er den riesigen Lasthaken selbst an dem zu transportierenden Material an. «Das ist zwar viel anstrengender als die Arbeit im Kranhäuschen, dafür ist man nicht so alleine», sagt De Lorenzis.

Arbeitsplatz auf 40 Metern über dem Boden

OHNE GESPÜR GEHT NICHTS

Ob in schwindelerregender Höhe oder unten zwischen den Baumaschinen: Als Kranführer muss Giampaolo De Lorenzis die Bauabläufe gut kennen und immer einen guten Überblick haben. Auf einem Steuerungsgerät oder einem Monitor wird angezeigt, wie weit die Ladung in eine Richtung abgedreht wird, oder wie schwer sie ist. Doch das Gespür dafür, ob eine Ladung zu stark ausschert oder bei starkem Wind abgesetzt werden muss, bringt er selbst mit. «Am Ende tragen wir die Verantwortung», sagt De Lorenzis.

SICHERHEIT IST DAS OBERSTE GEBOT

Die Nähe zum Bahntrasse erfordert besondere Sicherheitsmassnahmen für die Kräne auf der Baustelle. Damit sie nicht über den Gleisen schwenken, stoppen die Kräne an einer bestimmten Stelle und können nicht weiter ausgefahren werden. Auch unter dem Boden waren Zusatzmassnahmen nötig. «Wegen den SBB-Leitungen mussten wir die Kräne separat erden, damit es nicht zu einem Stromschlag kommt», sagt Sebastian Kreuzer, Polier von Landolt + Co. AG.

DIE KRÄNE BLEIBEN BIS ZUM ENDE

Aussergewöhnlich ist die Vogelsang-Baustelle aus verschiedenen Gründen – selbst für langjährige Handwerker wie Giampaolo De Lorenzis. Seit 20 Jahren ist er Kranführer. «Es ist hier alles etwas grösser.» Zum ersten Mal arbeitet er daher zwei Jahre lang auf derselben Baustelle. Im Vergleich zu den anderen Bauleuten sind die Kranführer beinahe am längsten auf der Bau- stelle – denn bis zum Ende braucht es Baumaterial.

Wie wird ein Kran aufgebaut? Hier geht es zur Bildergalerie.