Espresso, Lasagne und viel Amore in Seuzach
Wohngemeinschaften sind bei der GWG willkommen und es gibt auch immer mehr davon. Eine etwas besondere WG, bei der alle Bewohnerinnen denselben Nachnamen haben, findet man in unserer Siedlung in Seuzach. Isabella Caruso hat uns vom Zusammenleben mit ihrer erwachsenen Tochter erzählt. Ein Gespräch über Familienrituale, Nachbarschaft und vom Leben zwischen Wurzeln in Winterthur und Träumen vom Süden.
An einem heissen Sommerabend im Juli empfängt uns Isabella Caruso herzlich mit ihrem italienischen Charme und bietet Espresso, San Benedetto-Eistee und Oliven an. Kein Zweifel, in dieser Wohnung lebt die Italianità. Gespräche, Essen, Lachen mit der Familie. Das war wichtig, als ihre beiden Mädchen klein waren und ist es heute noch genauso, jetzt, wo beide gross sind.
Nur Süditalien kann es mit Seuzach aufnehmen
Vor sechs Jahren zog die alleinerziehende Mutter mit ihren beiden Töchtern von Winterthur Veltheim nach Seuzach in die Wohnung an der Stadlerstrasse. Eine absolut richtige Entscheidung, findet Isabella. In Seuzach ist alles nah und der S-Bahn-Anschluss Gold wert. Die GWG-Siedlung ist zwar am äussersten Rand des Dorfs, trotzdem erreicht man von hier alles Wichtige in maximal 15 Minuten. Abgesehen davon sind Wiesen, Wald und Felder zum Spazieren unmittelbar vor der Haustür. Es bräuchte schon viel, um sie hier wieder wegzubringen, meint Isabella. Einzig der Süden von Italien könnte sie noch weglocken. Dort zu wohnen könnte sie sich für die Zeit nach der Pensionierung – als Zweitwohnsitz zumindest – vorstellen. Aber solange ihre kleinere Tochter Vanessa noch bei ihr lebe, sei
Wegziehen sowieso kein Thema.
La piccola Mama
Die ältere Tochter ist schon bald nach dem damaligen Umzug flügge geworden und lebt seit da in einer eigenen Wohnung. Isabella nahm das damals entspannt: «Es war gut so. Wir hören uns weiterhin jeden Tag. Sie wohnt in Wülflingen ja quasi ums Eck.» Obwohl die Töchter beide schon erwachsen sind, nennt Isabella sie immer noch «die Kleine» und «die Grosse». «Ja klar, das bleibt einfach so. Wenn ich schliesslich nach Italien zu meiner Familie fahre, bin ich doch auch bis heute die Kleine… ‹la piccola›. Logisch, oder?»
Man muss nicht immer aufeinanderhocken
Mit «der Kleinen», der 23-jährigen Tochter, teilt sie sich bis heute die Wohnung. «Es ist wie in einer WG. Abends ziehen wir uns manchmal zurück – sie sich mit ihrem Handy in ihr Zimmer, ich mit Strickzeug vor den Fernseher. Wir haben beide Jobs, bei denen wir den ganzen Tag mit Menschen zu tun haben, da mag man an manchen Feierabenden nicht noch mehr reden. Aber an anderen Tagen quatschen und lachen wir abends stundenlang in der Küche. Das gibt es genauso oft.» Am Wochenende gehört die Wohnung meistens ganz Vanessa, wenn Isabella zu ihrem Partner nach Jona fährt. Vanessa lädt dann Freundinnen ein oder geniesst die Zeit mit ihrem Schatz, ganz ohne Mamma. Das mache wohl das Zusammenleben als Mutter und Tochter auch so problemlos. Beide Frauen haben ihre Freiräume.

Volles Haus zum Wochenausklang
Ein Fixpunkt ist jedoch der Sonntagabend: «Dann sind mein Partner, meine beiden Töchter inklusive Anhang und ich zuhause bei mir. Ich koche Lasagne oder Pasta, wir sitzen lange zusammen – das ist mir wichtig.» Die Nachbar:innen stört es nicht, wenn dann auch mal etwas laut gelacht wird. Sowieso hätten sie es sehr entspannt und gut im Haus. Vanessa hütet jeden Mittwoch die Kinder der Nachbarin, so dass diese sich ein paar Stunden für sich gönnen kann. Es sei eine entspannte Nachbarschaft. Die Bewohner:innen der anderen Häuser kannte Isabella aber bis anhin nicht. Beim Begrüssungsanlass der GWG hat sie jedoch eine Frau vom Nachbarhaus kennengelernt, sie haben dann Nummern getauscht und sehen sich jetzt ab und zu zum Espressotrinken.
Schreckgespenst hat ausgespukt
Was denn nun anders sei für sie als Bewohnerin, nun wo die Liegenschaft einer Genossenschaft gehöre, wollten wir wissen. Ein wichtiges Thema war für Isabella Caruso immer die Unsicherheit bezüglich der Zukunft der Siedlung. Bevor der Besitzerwechsel im Frühling dieses Jahres stattfand, hatte sie oft schlaflose Nächte. Das Schreckgespenst «Totalsanierung» stand im Raum. Seit die Siedlung zur GWG gehört, sei diese Sorge verflogen. Am Begrüssungsanlass hat die GWG die Bewohner:innen informiert, dass zwar Umbauten gemacht werden, die Bewohner:innen dafür aber nicht ausziehen müssen. «Es ist schön, dass wir mit der GWG in Kontakt sind. Wir brauchen ja keinen Luxus. Aber wir merken nun, dass etwas für die Menschen und für die Siedlung gemacht wird.»